Praxis: Vernetzung von Lehrenden - Vom PLN zum SLN und zurück

Die Möglichkeiten der Wissensgenerierung sind im Web 2.0 im Grunde nahezu unendlich. Als Lehrer in der digitalisierten Welt eröffnen sich zahlreiche (endlose) Möglichkeiten des Austausches. Doch wohin mit dem ganzen Wissen, den vielfältigen Beiträgen, gelungenen Praxisbeispielen, Inspirationen, Ideen, Videos, Fotos...

 

Lernen im 21. Jahrhundert geschieht in Netzen. Kollaboration, Kooperation, Kreativität und Kritik (das 4K-Modell lässt grüßen) geschieht im ständigen Austausch. Wer sich also ernsthaft mit (digitaler) Bildung beschäftigen will baut sich - bewusst oder unbewusst - nach und nach ein Persönliches Lernnetzwerk (PLN) auf. Das Lernen in Netzwerken greift dabei auf vorhandene Netzwerke und Strukturen zurück. Der Lerner (in diesem Beitrag der Lehrer) ist dabei aber nicht ausschließlich passiver Rezipient, sondern beteiligt sich bestenfalls selbst aktiv am „netzwerken“.

 

Lernnetzwerke werden ständig 

überarbeitet, rekonstruiert und bleiben dynamisch

 

Lisa Rosa schreibt dazu: "Ein eigenes Persönliches Lernnetzwerk aufzubauen und lebenslang zu nutzen und laufend den sich ändernden Bedürfnissen und Möglichkeiten anzupassen, muss eines der wichtigsten Lernziele sein. Entsprechend müssen es die Lehrer/Dozenten auch für ihr eigenes Lernen nutzen.“ (im Pflichtartikel: Welche digitale Revolution wollen wir?)

Nicht zuletzt durch die Hirnforschung wissen wir, dass Lernen immer Vernetzen und Anknüpfen meint. Vor diesem Hintergrund erscheint das Bild vom persönlichen Lernnetzwerk sehr plastisch. Zumal Lernnetzwerke ständig neu überarbeitet wwwerden (Achtung Wortspiel!) und dynamisch bleiben – genau wie unser Gehirn (Stichwort: Neuroplastizität).

 

Doch wie werden diese Netzwerke zusammengeführt? Wie können sich Kolleginnen und Kollegen einer Schule auch außerhalb von Präsenzveranstaltungen (an meiner Schule z.B. iPad-Stammtisch) vernetzen? Wie können Lehrkräfte, die sich nicht passiv oder aktiv in sozialen Netzwerken bewegen von Anderen profitieren, um am Ende selbst den Weg in das Web 2.0 zu finden? Dejan Mihajlivic dazu aktuell in einem Tweet:

Meine Idee war es, Kolleginnen und Kollegen der iPad-Klassen miteinander zu vernetzen, indem ich eine Plattform bereitstellte und ein Forum für den Austausch bot. Von dieser Plattform ausgehend sollten die Lehrenden anschließend den Weg in das Netz finden (Twitter, Facebook, Blogs etc.), um ihr eigenes PLN zu entwickeln und weiter auszubauen.


Das Schulische Lernnetzwerk (SLN)

Ich möchte im Folgenden ein Beispiel zeigen wie man unter der Nutzung der Anwendung  Padlet vom PLN zum Schulischen Netzwerk (SLN) kommen und kollaboratives Arbeiten ermöglichen kann.

 

Konkret geht es um zwei Schulen (an der einen arbeite ich), die iPad-Klassen eingeführt haben bzw. einführen wollen. Um einen Austausch über Inhalte, Tools und einen Zugang zu gelungenen Praxisbeispielen zu ermöglichen habe ich ein Padlet erstellt von dem aus man auf weitere Padlets zugreifen kann:

 

Ziel dieses Netzwerkes ist es, aus dem Einzelwissen bzw. aus den persönlichen Lernnetzwerken einzelner Lehrerinnen und Lehrer ein gemeinsames, produktives und dynamisches Lernnetzwerk der Schule aufzubauen. Ausgehend von diesem Start-Padlet sind weitere Padlets verlinkt, um die Inhalte besser strukturieren zu können. Am Anfang hatte ich alle Inhalte noch auf einem Board zusammengestellt, doch dies war zu unübersichtlich und einige Lehrkräfte meldeten zurück, dass sie sich erschlagen fühlten von den vielen Inhalten und Quellen.

Gerade um den Tablet-Neulingen eine Einstieghilfe zu geben war mir die Auflistung von Apps und Tools wichtig (keine Toolifizierungsdiskussion an dieser Stelle):

 


Vom Scheitern und wieder Aufstehen

Soweit die Therie. In der Praxis wurden die von mir bereitgestellten Inhalte nur eingeschränkt genutzt. Inhalte wurden z.T. zwar gelesen, es wurden jedoch keine anderen Beiträge oder Posts erstellt. Ebenso wenig wurde die Funktion des Kommentierens genutzt und so blieb der Anspruch an Kooperation, Kritik und Austausch weitgehend auf der Strecke. Neben strukturellen Problemen (5 von 17 Lehrkräften nahmen am letzten iPad-Stammtisch teil), sehe ich folgende (Haupt-)Gründe für das Scheitern:

  • Inhaltliche Überfrachtung bei der ersten Online-Bereitstellung
  • Einschätzung der (Lern-)Voraussetzungen meinerseits:Welche Rolle hat das PLN für Lehrerinnen und Lehrer im 21. Jahrhundert?
  • Fehlende konzeptionelle Einbettung: Wohin steuert meine Schule in Bezug auf "digitale Bildung"? Wie verändert sich das Lernsetting in einem zeitgemäßen Unterricht?
  • Meine Rolle: Seminarleiter mit wenig schulischer Präsenz, 'Prophet im eigenen Land'
  • Hohe Erwartungshaltung meinerseits

Nach der ersten Frustration (ich hatte durchaus Zeit und Arbeit investiert) über den ausbleibenden erhofften Effekt, richtete ich meinen Blick wieder nach vorne, da ich weiterhin überzeugt war (und noch bin!), dass eine solche Plattform die Anfänge eines digitalen Prozesses innerhalb einer Schule erleichtern und der Kooperation förderlich sein kann.

 

Der geringe Effekt einer Maßnahme

sagt noch nichts über das didaktische Potenzial aus

 

Durch die private Verknüpfung an eine Gesamtschule in meiner Ausbildungsregion, bietet sich nun erneut die Möglichkeit, Kolleginnen und Kollegen auf dem Weg zur digitalen Bildung zu begleiten. Dadurch ergibt sich für mich die Rolle eines Prozessbegleiters, der nicht direkt an diesem System arbeitet. In Zusammenarbeit mit dem Kollegen, der federführend die Einführung von iPad-Klassen im Februar 2018 an der Gesamtschule realisiert, wurde meine Idee überarbeitet und ein Padlet zum kommunikativen Austausch erstellt, in dem auch bestpractice-Beispiele als Motivation dienen sollen.

Von dem Potenzial dieses Vorgehens bin ich, wie bereits erwähnt, weiterhin überzeugt!

 

In wieweit sich nun ein höherer Effekt einstellt werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Ich bin optimistisch!

 

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Kommentare: 6
  • #1

    Ines Bieler (Sonntag, 19 November 2017 18:13)

    Dein Einsatz ist beispielgebend. Die Anfangsschwierigkeiten sind sicher normal. Ich persönlich finde die padlet-Platform nicht so übersichtlich für Kollegen, die einsteigen. Schon mal in cloudschool reingeschaut? Da könnte man themenbezogene "Kurse" anlegen, mit Materialen füttern, verlinken und jeweils eine Diskussion darunter freischalten. Ich könnte mir vorstellen, dass sich das gut nutzen ließe.

  • #2

    Thomas Nolte (Sonntag, 19 November 2017 18:37)

    Und warum nutzt Ihr dazu nicht das pädagogische Ur-LehrerInnen-Netzwerk im Internet: ZUM.DE? - Wieder mal Räder neu erfinden? ("Typisch Lehrer!"). Hört die 16gliedrige Schulcloud auf den Namen Plattner oder Microsoft? - Zu wenig Power und Finanzen, um etwas Eigenständiges zu entwickeln? - Denkt Ihr die digitalen Dinge vielleicht zu provinziell? - Dann empfehle ich Euch mal das Buch, pardon: die "Bildungsbibel" von Martin Lindner: Die Bildung und das Netz. Wie lernen und leben wir im digitalen Klimawandel? (wissmuth press 2017) => https://www.startnext.com/die-bildung-und-das-netz und Rezension: => https://schulesocialmedia.com/2017/11/14/martin-lindner-die-bildung-und-das-netz-rezension/

  • #3

    Maik Riecken (Montag, 20 November 2017 14:10)

    Hallo Jan!
    Padlet ist ja schon recht niederschwellig, ich denke, das Tool wird schon in Ordnung sein. Meine Erfahrung ist, dass zu viele Angebote in einem Bereich, in dem Lehrkräfte sich nur wenig auskennen, oft verwirren - uns "Digis" sind Ansprüche, alles sorgfältig und "Top-Down" und an einem Stück sequentiell zu lesen eher fremd, für viele Menschen aber immer noch sehr wichtig.

    Ich habe es erst mit Moodle, dann Wordpress und schließlich - ganz neu - mit Wikis versucht. In der Medienberatung machen wir Online- und Papierevaluationen gleich auf der Veranstaltung - sonst ist die Schwelle dann zu Hause oft schon zu hoch. Es gibt auch den Anspruch von Lehrkräften, dass alles immer "richtig" sein muss, weil es ja jeder (hier das Kollegium) schließlich lesen kann. Da sehe ich noch ganz viel Angst.

    Ein Grundrezept scheint zu sein, die "Innovationsgruppen" erst einmal möglich klein zu halten, damit untereinander Vertrauen entsteht, was beim Teilen und Mitmachen ganz wichtig zu sein scheint.

  • #4

    Jan Vedder (Montag, 20 November 2017 15:25)

    Hallo Maik,

    danke für deine Rückmeldung. Es handelt sich auch erstmal um einen kleinen Kreis, allerdings ist dieser vielleicht doch noch zu groß. Ich arbeite mit meinen LiVd derzeit mit Edmodo und Wiki. Hast du Erfahrungen mit Edmodo gemacht?

  • #5

    Maik Riecken (Dienstag, 21 November 2017 07:53)

    Hallo Jan,
    Ich baue Material- und Wissenssammlungen nie auf kostenlosen Diensten auf, sondern nur auf Anbieter, die ein gesichertes Geschäftsmodell haben oder die mir einen Export von Daten ermöglichen. Deswegen hoste ich meinen Kram im Wesentlichen selbst, es sei denn, mir bedeuten die dabei entstehenden Daten nichts.
    Für Wordpress gibt es z.B. Buddypress. Edmodo ist sehr niederschwellig, da Facebook-Like. Aber nicht mehr lange, da Facebook selbst ja mehr und mehr vergreist und auch bei kommenden Generationen m.E. kaum noch eine Rolle spielen wird.
    Ich finde, dass diese "intuitiv" zu bedienenden Systeme falsche Vorstellungen von IT-Systemen und vom Lehrberuf insgesamt befördern, aber da bin ich sehr speziell.

    Gruß,

    Maik

  • #6

    Gregor Ilg (Dienstag, 05 Juni 2018 23:36)

    Hallo Jan,

    danke für diesen Artikel. Ich bin selbst nicht direkt in der Bildungsbranche, bin aber beruflich ständig damit konfrontiert, wie man in losen Netzwerken Wissen teilt und nutzbar macht. Eine sehr interessante Methode, die eher darauf baut, dass Mindset zu schaffen, als die Tools bereit zu stellen, ist aus meiner Erfahrung "Working Out Loud" von John Stepper (http://workingoutloud.com/). Falls du das noch nicht kennst, würde ich dir mal einen Blick darauf empfehlen, weil das gerade auf deine Rahmenbedingungen eigentlich ganz gut passen zu scheint. Die Anwendung könnte langfristig zu einem PLN führen.

    Viel Erfolg weiterhin und viele Grüße,
    Gregor.